Es gibt Bücher, die sind um ihren Erscheinungstermin herum gefühlt überall, werden bejubelt und von (fast) jedem gelesen. "Das Lied der Krähen" war so ein Buch, als es im Oktober 2017 auf dem deutschen Markt erschien. Mitreißend, emotional, divers, einfach fantastisch ... sollte es sein. Auf dem englischen Buchmarkt und vereinzelt auf deutschen Blogs, die auch englische Bücher rezensieren, war Vergleichbares für den zweiten Band zu hören. Die typischen Lobgesänge im Rahmen eines Hypes eben.
Oder ist da doch was dran?
Originalausgabe
Reihe: Six of Crows
Band 1: Six of Crows (512 Seiten)
Band 2: Crooked Kingdom (560 Seiten)
Deutsch: Das Lied der Krähen (Okt. 2017) | Das Gold der Krähen (Sept. 2018)
Noch dazu hatte ich zuvor Bardugos "Grisha"-Trilogie nicht gelesen. "Six of Crows" spielt jedoch in der gleichen Welt und vereinzelt finden sich Meinungen, nach denen man die "Grisha"-Trilogie vorher unbedingt gelesen haben sollte.
Nachdem ich "Six of Crows" nun gelesen habe, kann ich erst einmal eines sagen: Nein, man braucht kein Vorwissen. Es funktioniert auch prima ohne.
Auf Bardugos Schreibstil muss man sich jedoch einlassen können. Normalerweise sind in Fantasy-Büchern immer mal wieder Absätze eingeschoben, die dem Leser die Welt erklären, in der die Geschichte spielt. In "Six of Crows" gibt es das kaum. Bardugo schreibt, als würde sie die Geschichte jemandem aus Ketterdam (oder einem anderen Ort ihrer Welt) erzählen. Dadurch fühlte ich mich sofort mittendrin, doch gleichzeitig wünschte ich mir manchmal Erklärungen, weil ich nicht alles (auf Anhieb) verstand. Stellt sich die Frage, ob man in einer Fantasywelt wirklich alles verstehen muss? Nein, denke ich mittlerweile. Trotzdem war diese Art des Schreibens erstmal gewöhnungsbedürftig.
Darüber hinaus beeindruckte mich der Schreibstil vor allem mit seiner Detailliertheit und seiner Fähigkeit, mit wenigen Worten eine tolle Atmosphäre zu schaffen, die absolut überzeugte. Auf diese Weise kreierte Bardugo eine Welt, die sich trotz so mancher Gefahren ziemlich schnell wie mein zweites Zuhause angefühlt hat.
Kaz Brekker ist ein undurchsichtiger junger Mann mit Gehstock, der zu den bekanntesten Kriminellen in Ketterdam gehört, vor dem kein Schloss sicher ist und der stets mindestens einen Plan hat.
Inej, die häufig nur "the Wraith" (das Gespenst) genannt wird, ist Kaz' lautlose Spionin, die selbst die steilsten Wände emporklettern kann.
Dem Scharfschützen Jesper kann mit Waffen zwar kaum jemand das Wasser reichen, aber bei einem Glücksspiel kann er nicht "Nein" sagen.
Nina, eine Grisha, sehnt sich einfach nur danach, endlich in ihre Heimat zurückkehren zu können, doch vorher muss sie einen Fehler wiedergutmachen.
Matthias, ein Grisha-Jäger aus Fjerda, hat noch eine Rechnung mit Nina offen und sinnt auf Rache.
Und zu guter Letzt ist da noch Wylan, ein Ausreißer aus gutem Hause mit einem Talent für Sprengstoffe.
Die sechs Protagonisten sind als Persönlichkeiten grundverschieden und es war großartig, sie mit jedem Kapitel ein Stück besser kennenzulernen. Ich hatte zu keinem Zeitpunkt das Gefühl, dass die Charaktere ineinander verschwimmen würden; dass ich z.B. gerade nicht weiß, ob ein Kapitel aus Jespers oder Matthias' Perspektive verfasst war. Jeder von ihnen hatte eine eigene, unverwechselbare Stimme und selbst in den letzten Kapiteln von Band 2 konnte ich noch Neues über sie herausfinden. So liebe ich Hauptfiguren!
Mein absoluter Favorit war dabei Kaz, v.a. aufgrund der Diskrepanz zwischen seinem Verhalten anderen gegenüber und seiner inneren Gefühlswelt. Verbunden mit seinen beeindruckenden Fähigkeiten fand ich ihn einfach genial und habe mich über jedes Kapitel aus seiner Sicht doppelt gefreut.
Auch die Beziehungen zwischen den Protagonisten waren toll gestaltet und entwickelten bereits sehr früh in Band 1 eine eigene Dynamik. Vermutlich hätte ich ein komplettes Buch lesen können, in dem die Sechs sich einfach nur über Gott und die Welt unterhalten, und wäre immer noch begeistert gewesen!
Im Verlauf der Handlung entwickeln sich die sechs Krähen und die Beziehungen zwischen ihnen. Insbesondere Kaz und Matthias haben mich in dem Punkt sehr überrascht, weil ich die Art, wie sie sich entwickelt haben, nicht erwartet habe.
Besonders gut gefallen hat mir, dass Bardugo keinen Fokus auf irgendeine Liebesgeschichte legt, die sich entwickeln muss. Annäherungen zwischen Charakteren geschehen beinahe zufällig und konnten mich angesichts ihrer Natürlichkeit überzeugen. Es geht also auch ohne Romance-Fokus!
Dabei fand ich den Spagat zwischen Gewalt und Humor, den Bardugo einbaut, großartig. Auf der einen Seite gibt es mehrere, teils detailliert beschriebene Kampfszenen, Entführungen, Verletzungen und Explosionen und der Tod spielt immer wieder eine Rolle. Zudem hat jede der sechs Krähen auf ihre Art in der Vergangenheit bereits Gewalt erlebt, egal ob körperlich, psychisch oder sexuell.
Dennoch wirkte die Geschichte auf mich weder verroht, noch unnötig brutal, sondern hat nur einmal mehr betont, dass das Leben in dieser Welt kein Leichtes ist.
Auf der anderen Seite brachten mich die Dialoge mehrfach herzlich zum Lachen. Hartes Leben hin oder her, die Protagonisten haben keineswegs ihren Humor und ihre Schlagfertigkeit verloren. Daraus ergaben sich immer mal wieder - selbst in den unerwartetsten Situationen - einfach geniale, witzige Dialoge.
Tatsächlich sind mir während des Lesens keine ernsthaft negativen Seiten aufgefallen. Vereinzelt gab es ein bisschen Stirnrunzeln und nach dem Lesen sind mir ein paar Punkte eingefallen, die kritisch gesehen werden können.
Man könnte sich beispielsweise daran stören, dass es anfangs etwas Zeit braucht, um in die Geschichte reinzukommen - insbesondere wenn man die "Grisha"-Trilogie nicht gelesen hat.
Man könnte sich auch daran stören, dass Kaz (fast) immer einen Schritt voraus ist und scheinbar niemals so richtig überrascht wird.
Man könnte sich ebenfalls daran stören, dass einige wenige Szenen so geschrieben sind, als wüssten die jeweiligen Erzähler nicht, was als nächstes passiert, obwohl später klar wird, dass sie es wussten.
Man könnte.
Ich habe es nicht getan. Dafür hatte ich viel zu viel Spaß an der Geschichte. Ich fühlte mich in die Welt von Kaz und seinem Team versetzt, habe mit ihnen mitgefiebert, war überrascht, schockiert, habe mitgelitten und mitgelacht. Was kann ein Buch bzw. eine Buchreihe Schöneres leisten?
Ich habe Bücher, die ich richtig gerne lese und Lieblingsbücher. Echte Highlights, bei denen mir die Figuren noch Tage nach dem Lesen im Kopf umherspuken, und deren Geschichte ich einfach nicht loslassen will, habe ich dagegen sehr selten. Die "Six of Crows"-Dilogie gehört zu diesen besonderen Büchern.
Die Welt ist detailliert und überzeugend gestaltet, die Figuren sind facettenreich, ihre Beziehungen untereinander wirken lebendig und echt und die Handlung selbst konnte mich immer wieder überraschen. Gelangweilt hat mich die Geschichte an keiner einzigen Stelle, auch nicht im zweiten Band, der in Mehrteilern gern mal schwächer als der erste ist.
Jedem Fantasy-Fan, der diese Geschichte noch nicht kennt, kann ich sie wärmstens ans Herz legen!
Oder ist da doch was dran?
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2016 | Orion Children's Books | Englisch
Originalausgabe
Reihe: Six of Crows
Band 1: Six of Crows (512 Seiten)
Band 2: Crooked Kingdom (560 Seiten)
Deutsch: Das Lied der Krähen (Okt. 2017) | Das Gold der Krähen (Sept. 2018)
Als wäre man mittendrin: Packend und emotional
Die Dilogie "Six of Crows" spielt hauptsächlich in Ketterdam, einer Stadt, in der florierender Handel, Reichtum, Kriminalität und Gewalt dicht nebeneinander existieren und nicht selten eng miteinander verwoben sind. Einer, der die Stadt wie kaum ein anderer kennt, ist Kaz Brekker, Mitglied der "Dregs" und kriminelles Genie. Er ist es auch, der für einen beinahe unerfüllbaren Auftrag angeheuert wird. Doch Kaz ist keiner, der das Risiko scheut. Er nimmt den Auftrag an und macht sich mit seinem Team daran, das fast Unmögliche wahr zu machen.Mitten hinein ins "Grishaverse"
Zugegeben, ich war skeptisch, als ich "Six of Crows" aufschlug und zu lesen begann. Nach all dem Lob konnte ich mir kaum vorstellen, dass das Buch dem wirklich gerecht wird.Noch dazu hatte ich zuvor Bardugos "Grisha"-Trilogie nicht gelesen. "Six of Crows" spielt jedoch in der gleichen Welt und vereinzelt finden sich Meinungen, nach denen man die "Grisha"-Trilogie vorher unbedingt gelesen haben sollte.
Nachdem ich "Six of Crows" nun gelesen habe, kann ich erst einmal eines sagen: Nein, man braucht kein Vorwissen. Es funktioniert auch prima ohne.
Auf Bardugos Schreibstil muss man sich jedoch einlassen können. Normalerweise sind in Fantasy-Büchern immer mal wieder Absätze eingeschoben, die dem Leser die Welt erklären, in der die Geschichte spielt. In "Six of Crows" gibt es das kaum. Bardugo schreibt, als würde sie die Geschichte jemandem aus Ketterdam (oder einem anderen Ort ihrer Welt) erzählen. Dadurch fühlte ich mich sofort mittendrin, doch gleichzeitig wünschte ich mir manchmal Erklärungen, weil ich nicht alles (auf Anhieb) verstand. Stellt sich die Frage, ob man in einer Fantasywelt wirklich alles verstehen muss? Nein, denke ich mittlerweile. Trotzdem war diese Art des Schreibens erstmal gewöhnungsbedürftig.
Darüber hinaus beeindruckte mich der Schreibstil vor allem mit seiner Detailliertheit und seiner Fähigkeit, mit wenigen Worten eine tolle Atmosphäre zu schaffen, die absolut überzeugte. Auf diese Weise kreierte Bardugo eine Welt, die sich trotz so mancher Gefahren ziemlich schnell wie mein zweites Zuhause angefühlt hat.
Die sechs Krähen
Erzählt wird die Geschichte abwechselnd aus den Perspektiven der sechs Krähen.Kaz Brekker ist ein undurchsichtiger junger Mann mit Gehstock, der zu den bekanntesten Kriminellen in Ketterdam gehört, vor dem kein Schloss sicher ist und der stets mindestens einen Plan hat.
Inej, die häufig nur "the Wraith" (das Gespenst) genannt wird, ist Kaz' lautlose Spionin, die selbst die steilsten Wände emporklettern kann.
Dem Scharfschützen Jesper kann mit Waffen zwar kaum jemand das Wasser reichen, aber bei einem Glücksspiel kann er nicht "Nein" sagen.
Nina, eine Grisha, sehnt sich einfach nur danach, endlich in ihre Heimat zurückkehren zu können, doch vorher muss sie einen Fehler wiedergutmachen.
Matthias, ein Grisha-Jäger aus Fjerda, hat noch eine Rechnung mit Nina offen und sinnt auf Rache.
Und zu guter Letzt ist da noch Wylan, ein Ausreißer aus gutem Hause mit einem Talent für Sprengstoffe.
Die sechs Protagonisten sind als Persönlichkeiten grundverschieden und es war großartig, sie mit jedem Kapitel ein Stück besser kennenzulernen. Ich hatte zu keinem Zeitpunkt das Gefühl, dass die Charaktere ineinander verschwimmen würden; dass ich z.B. gerade nicht weiß, ob ein Kapitel aus Jespers oder Matthias' Perspektive verfasst war. Jeder von ihnen hatte eine eigene, unverwechselbare Stimme und selbst in den letzten Kapiteln von Band 2 konnte ich noch Neues über sie herausfinden. So liebe ich Hauptfiguren!
Mein absoluter Favorit war dabei Kaz, v.a. aufgrund der Diskrepanz zwischen seinem Verhalten anderen gegenüber und seiner inneren Gefühlswelt. Verbunden mit seinen beeindruckenden Fähigkeiten fand ich ihn einfach genial und habe mich über jedes Kapitel aus seiner Sicht doppelt gefreut.
Auch die Beziehungen zwischen den Protagonisten waren toll gestaltet und entwickelten bereits sehr früh in Band 1 eine eigene Dynamik. Vermutlich hätte ich ein komplettes Buch lesen können, in dem die Sechs sich einfach nur über Gott und die Welt unterhalten, und wäre immer noch begeistert gewesen!
Im Verlauf der Handlung entwickeln sich die sechs Krähen und die Beziehungen zwischen ihnen. Insbesondere Kaz und Matthias haben mich in dem Punkt sehr überrascht, weil ich die Art, wie sie sich entwickelt haben, nicht erwartet habe.
Besonders gut gefallen hat mir, dass Bardugo keinen Fokus auf irgendeine Liebesgeschichte legt, die sich entwickeln muss. Annäherungen zwischen Charakteren geschehen beinahe zufällig und konnten mich angesichts ihrer Natürlichkeit überzeugen. Es geht also auch ohne Romance-Fokus!
Zwischen Gewalt und Humor
Von der Handlung selbst war ich durchweg gebannt, was sicher auch zu einem großen Teil an den Interaktionen der Protagonisten lag. Vielleicht hätte ich an der Handlung etwas auszusetzen gehabt, wenn ich die Charaktere nicht so absolut genial gefunden hätte? Wer weiß. So, wie es ist, hat mir an dieser Geschichte nichts gefehlt. Ich fühlte mich durchweg sehr gut unterhalten und meistens überrascht von Wendungen, die abgesehen von Kaz wohl niemand erwartet hätte.Dabei fand ich den Spagat zwischen Gewalt und Humor, den Bardugo einbaut, großartig. Auf der einen Seite gibt es mehrere, teils detailliert beschriebene Kampfszenen, Entführungen, Verletzungen und Explosionen und der Tod spielt immer wieder eine Rolle. Zudem hat jede der sechs Krähen auf ihre Art in der Vergangenheit bereits Gewalt erlebt, egal ob körperlich, psychisch oder sexuell.
Dennoch wirkte die Geschichte auf mich weder verroht, noch unnötig brutal, sondern hat nur einmal mehr betont, dass das Leben in dieser Welt kein Leichtes ist.
Auf der anderen Seite brachten mich die Dialoge mehrfach herzlich zum Lachen. Hartes Leben hin oder her, die Protagonisten haben keineswegs ihren Humor und ihre Schlagfertigkeit verloren. Daraus ergaben sich immer mal wieder - selbst in den unerwartetsten Situationen - einfach geniale, witzige Dialoge.
Minuspunkte?!
So viel Lob und noch kein wirklich negativer Aspekt?Tatsächlich sind mir während des Lesens keine ernsthaft negativen Seiten aufgefallen. Vereinzelt gab es ein bisschen Stirnrunzeln und nach dem Lesen sind mir ein paar Punkte eingefallen, die kritisch gesehen werden können.
Man könnte sich beispielsweise daran stören, dass es anfangs etwas Zeit braucht, um in die Geschichte reinzukommen - insbesondere wenn man die "Grisha"-Trilogie nicht gelesen hat.
Man könnte sich auch daran stören, dass Kaz (fast) immer einen Schritt voraus ist und scheinbar niemals so richtig überrascht wird.
Man könnte sich ebenfalls daran stören, dass einige wenige Szenen so geschrieben sind, als wüssten die jeweiligen Erzähler nicht, was als nächstes passiert, obwohl später klar wird, dass sie es wussten.
Man könnte.
Ich habe es nicht getan. Dafür hatte ich viel zu viel Spaß an der Geschichte. Ich fühlte mich in die Welt von Kaz und seinem Team versetzt, habe mit ihnen mitgefiebert, war überrascht, schockiert, habe mitgelitten und mitgelacht. Was kann ein Buch bzw. eine Buchreihe Schöneres leisten?
FAZIT
Lesehighlight! LESEHIGHLIGHT!Ich habe Bücher, die ich richtig gerne lese und Lieblingsbücher. Echte Highlights, bei denen mir die Figuren noch Tage nach dem Lesen im Kopf umherspuken, und deren Geschichte ich einfach nicht loslassen will, habe ich dagegen sehr selten. Die "Six of Crows"-Dilogie gehört zu diesen besonderen Büchern.
Die Welt ist detailliert und überzeugend gestaltet, die Figuren sind facettenreich, ihre Beziehungen untereinander wirken lebendig und echt und die Handlung selbst konnte mich immer wieder überraschen. Gelangweilt hat mich die Geschichte an keiner einzigen Stelle, auch nicht im zweiten Band, der in Mehrteilern gern mal schwächer als der erste ist.
Jedem Fantasy-Fan, der diese Geschichte noch nicht kennt, kann ich sie wärmstens ans Herz legen!

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