[Rezension] Veronica Roth: Rat der Neun - Gezeichnet

Sonntag, 8. April 2018 | 4 Kommentare
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Bildquelle: cbj


608 Seiten | 2017 | cbj | Deutsch

Original: Carve the Mark
Übersetzerinnen: Petra Koob-Pawis, Michaela Link

Reihe: Carve the Mark #1 (von 2)

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Fantasyabenteuer im Weltraum

In der Galaxie des Rats der Neun hat jeder Mensch eine Gabe, die ihn mit besonderen Kräften ausstattet. Einige wenigen haben zudem noch ein Schicksal, das unveränderlich ihr Leben prägt.
Auf dem Planeten Thuve gehört die Familie von Akos zu den Schicksalsgesegneten. Er und sein Bruder Eijeh werden von den Shotet entführt, einem verfeindeten Volk, das ebenfalls auf Thuve lebt. Ryzek Noavek, der Herrscher der Shotet, will Eijehs Gabe nutzen, um gegen sein eigenes Schicksal zu kämpfen.
Währenddessen gerät Akos in die Dienste von Cyra Noavek, Ryzeks Schwester. Unerwartet muss er feststellen, dass auch jemand, den alle nur "Ryzeks Geißel" nennen, positive Seiten haben kann. Trotz aufkeimender Gefühle und seinem eigenen Schicksal setzt Akos alles daran, sich und seinen Bruder aus Ryzeks Gewalt zu befreien.

Weltenbau(stelle)

In "Rat der Neun" präsentiert Veronica Roth facettenreiche Kulturen in einer fremden Galaxie. Sich dort hineinzudenken brauchte etwas Zeit; anfängliche Verwirrung inklusive. Danach funktionierte diese riesige Welt für mich prima.
Wobei mich das Gefühl nicht losließ, dass sie für das Buch einfach zu riesig ist. Vielleicht ändert sich das mit Band zwei, doch bis jetzt ließ sie mich etwas unbefriedigt zurück. Großartige Planeten wurden angedeutet, Bezeichnungen in den Raum geworfen und Unterschiede zwischen Völkern angerissen, aber letztlich blieb vieles davon an der Oberfläche. Tiefer beleuchtet wurden nur zwei Kulturen und ihr Planet: Thuve und Shotet. Da die Hauptfiguren zu diesen Völkern gehören, ist das nicht überraschend. Doch wenn eine so große Welt aufgebaut wird, wünsche ich mir mehr Einblicke und nicht nur einen oberflächlichen Überblick. Chancen dazu gab es (Stichwort Planetenreise). Leider blieben sie ungenutzt.

(Ent-) Spannend

Die Handlung startete vielversprechend und ich freute mich auf einen spannenden Kampf zweier Kulturen, der u.a. mit Gaben und beeinflusst von Schicksalen ausgetragen wird. Dazu eine schöne Liebesgeschichte. Die Realität sah leider anders aus.
Der Kampf der beiden Völker gerät im Verlauf der Handlung zunehmend in den Hintergrund, zugunsten der Beziehung von Cyra und Akos. Spannung adé, die kam erst im letzten Drittel zurück - konnte dann aber immerhin fesseln.
Die Beziehung der beiden Hauptfiguren, wo wir schon dabei sind, konnte mich auch nicht so richtig überzeugen. Sie baut sich, vom Schnellstart, zu dem ich gleich nochmal komme, mal abgesehen, langsam auf. Endlich mal keine Schockverliebtheit! Beschrieben ist sie auch schön, nur wirkte sie auf mich oftmals zu distanziert. Keine großen Gefühle, keine geweckte Empathie, nichts. Schade.

Vorsicht, Plotholes.

Die Figuren selbst waren insgesamt abwechlungs- und facettenreich gestaltet, allen voran die beiden Erzähler der Geschichte, Cyra und Akos. Allerdings hat es mit der Überzeugungskraft hier und da gehapert.
Zur Erinnerung: Akos und sein Bruder wurden entführt, ein Teil seiner Familie wurde ermordet, was aus dem anderen Teil wurde, weiß er nicht, und nun steht er im Dienst der Herrscherfamilie der Shotet. Cyra ist ein Mitglied eben dieser Familie. Über sie und ihre Gabe werden sich in Thuve Schauergeschichten erzählt. Überhaupt sind Thuve und Shotet verfeindet(!).
Trotzdem verbindet Akos und Cyra extrem schnell eine zarte Freundschaft. Von gegenseitiger Vorsicht, Zurückhaltung oder Abneigung habe ich rasch nichts mehr gemerkt. Das mag zum Teil an Akos' Gabe und deren Wirkung auf Cyra liegen. Mir ging es trotzdem zu schnell.
Überhaupt schien mir die Feindschaft zwischen Shotet und Thuve, von der Entführung am Anfang und den Geschehnissen am Ende abgesehen, ziemlich platonisch. Zwar besteht diese Feindschaft und wird auch immer wieder betont, aber wirkliche Auseinandersetzungen scheint es fast nie zu geben. Die beiden Völker koexistieren einfach und hassen sich, aber das auch irgendwie nicht so richtig überzeugend.
Abgesehen davon: Warum reagiert niemand - weder Thuve noch der regierende Rat der Neun - wenn zwei Kinder entführt werden? Vor allem wenn kurz vor der Entführung bekannt wurde, dass eines dieser Kinder eine bedeutsame Gabe hat? Und warum wird ein Gefangener gemeinsam mit den eigenen Soldaten ausgebildet? Vereinzelt hat mich diese Geschichte ernsthaft verwirrt.

FAZIT

Ich würde wahnsinnig gerne etwas anderes sagen, denn die Welt in "Rat der Neun" ist wirklich großartig und hat mir super gefallen. Aus den Ansätzen und den Charakteren hätte so viel Tolles, Packendes werden können. Aber am Ende reicht es doch bloß für ein "Okay". Die Geschichte baut schlichtweg zu wenig Spannung auf und kann zu wenig Empathie wecken. Ungereimtheiten inklusive.

bewertung_3_pergamentfalter

Zusammenfassung

Positiv Neutral Negativ
  • Worldbuilding
  • facettenreiche Charaktere
  • zwei Erzähler
  • spannende Ansätze
  • keine Schockverliebtheit bei den beiden Hauptfiguren
  • nur eingeschränkt tiefere Einblicke in die Welt
  • Beziehung von Akos und Cyra
  • keine durchgängige Spannung
  • Logiklücken
  • überwiegend zu platonische Feindschaft zwischen Thuve und Shotet

Weitere Meinungen

4 Kommentare

  1. Hallo Sarah,

    ich habe das Buch letztes Jahr kurz nach der Erscheinung gelesen und hatte ähnlich gemischte Gefühle wie du.
    Die Ideen des Romans sind richtig klasse, aber bei der Umsetzung hapert es ganz schön.
    Beim Weltenbau störte mich außerdem, dass nicht ganz klar war wie dieser galaktische Rat (hab den Namen vergessen ich meine die Regierung des Universums) funktioniert. Wie du geschrieben hast, wieso mischen die sich nicht ein, wenn jemand entführt wird? Die Feindschaft zwischen den beiden Völkern war auch extrem klischeehaft. Hinzu kam noch, dass ich nicht so der Fan von Arkos war. Ich fand ihn als Charakter irgendwie ein bisschen langweilig. Er war einfach der typische nette Kerl. Cyra dagegen mochte ich richtig gerne.
    Mal sehen, ob ich den 2. Band lesen werde.

    LG
    Elisa

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    1. Hey Elisa,

      ja, was ich mit dem Rat der Neun anfangen soll, weiß ich auch noch nicht. Bislang hat der fast keine Rolle gespielt. Ich hoffe, dazu kommt nochmal was im zweiten Teil. Ansonsten ist der einfach ein riesen großes Mysterium, das zu ein weiterer Punkt auf der Ungereimtheitenliste wird.

      Im Vergleich zu Cyra ist Akos wirklich ein bisschen langweilig *lach* Wobei ich mit ihm nach ein wenig Eingewöhnung recht gut klar kam. War nur etwas schwierig, ihn im dritten Teil als Jugendlichen zu verstehen, nachdem er zuletzt als Kind auftauchte und zwischendurch einiges durchgemacht hat ...

      LG Sarah

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  2. Ohh ich mag das "Positiv-Neutral-Negativ" sehr! Eine schöne Rezension!

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    1. Hey,

      danke dir! Mit der Tabelle hab ich erst vor kurzem angefangen; find ich nochmal einen übersichtlichen Abschluss zur (langen) Rezension :-)

      LG Sarah

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