[Rezension] Paula Hawkins: Girl on the Train. Du kennst sie nicht, aber sie kennt dich

Sonntag, 12. November 2017 | 4 Kommentare
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Bildquelle: Random House Bloggerportal


448 Seiten | 2015 | Blanvalet | Deutsch

Original: The Girl on the Train
Übersetzer: Christoph Göhler

Reihe:: Einzelband

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Was ist wahr?

Jeden Morgen fährt Rachel mit dem Zug nach London. Und beinahe jeden Morgen hält ihr Zug an einem defekten Signal. Von dort aus hat Rachel den perfekten Blick auf ein Haus, in dem ein junges Paar lebt: Jess und Jason, wie Rachel sie gedanklich nennt. Immer wieder beobachtet sie sie, malt sich ihr perfektes Leben aus. Bis Jess plötzlich verschwindet.

Zwischen Besessenheit und Glaubwürdigkeit

Was ist Realität und was Fiktion? Was ist wirklich so passiert und was nur ein Hirngespinst?
Diese Fragen haben mich beim Lesen von "Girl on the Train" begleitet. Ich war erst skeptisch, ob das Buch mich nach dem ganzen Hype vor zwei Jahren wirklich überzeugen könnte, bin letztendlich aber positiv überrascht. Dabei deutete sich das zunächst gar nicht an ...
"Girl on the Train" beginnt eher zäh mit einer Einführung in das Leben und die Gedankenspiele der alkoholkranken Rachel. Dabei lernte ich auch Jess und Jason kennen, zumindest so, wie Rachel sich die beiden und ihr Zusammenleben vorstellt. Rachels eigenes Leben pendelt irgendwo zwischen ständiger Trunkenheit, Selbstmitleid und Hass auf die neue Frau ihres mittlerweile Exmannes. Rachel ist keine leichte Figur, die man sofort ins Herz schließen kann. Ich hatte einige Probleme mit ihr, ihre häufigen Alkoholexzesse gingen mir schnell auf die Nerven und an ihrer Glaubwürdigkeit habe ich fast noch schneller gezweifelt.
Richtig turbulent wurde es dann, als "Jess" verschwindet: Rachel ist der festen Überzeugung, eine Rolle in diesem Fall zu spielen und etwas zur Lösung beisteuern zu können. Sie steigert sich immer weiter in die Suche nach der Vermissten hinein und geht dabei Wege, die mir als Leserin mehr als einmal unangenehm waren. Trotzdem bringt gerade das die Geschichte voran, lässt Spannung aufkommen und die Frage nach dem, was tatsächlich an dem Abend geschah, an dem "Jess" verschwand, immer wichtiger werden.
Mehrfach stellte sich das, was ich zu wissen glaubte, als Lüge heraus oder war nur ein verqueres Konstrukt aus Rachels vom Alkohol beeinflusste Gedanken. So war dann letztlich auch die Auflösung eine, mit der ich nie im Leben gerechnet hätte.

Schwierige Figuren

Im Verlauf der Handlung ist Rachel nicht die Einzige, die aus der Ich-Perspektive die Handlung schildert. Eine weitere Erzählerin ist die Vermisste selbst, die Einblicke in ihr Leben gibt. Als drittes und offensiven Gegenpart zu Rachel sind einige Kapitel aus der Sicht von Anna verfasst, der neuen Frau von Rachels Exmann, die Rachel um jeden Preis aus ihrem Leben haben will. Durch diese drei Erzählerinnen bekommt die Geschichte eine faszinierende Tiefe und eine sehr schöne Dynamik, die mich zum Weiterlesen animierte. Richtig warm geworden bin ich dennoch mit keiner der drei Protagonistinnen.
Zudem hatte ich ein Problem mit den Persönlichkeiten der Figuren insgesamt. Kaum eine Figur kommt ohne offensichtliche oder scheinbare psychische Probleme aus. Süchte, Zwänge, tragische Vergangenheiten - ich fand es dann doch, trotz spannender Geschichte, unglaubwürdig, dass sich all das in einer einzigen Straße und auch noch angesichts der wirklich wenigen Charaktere in der Handlung derart ballt.

FAZIT

"Girl on the Train" ist eine spannende Geschichte, bei der mir lange Zeit nicht klar war, wohin sie genau führt. Einziges Manko sind für mich die Figuren, mit denen ich angesichts der Ballung von persönlichen und psychischen Problemen einfach nicht richtig warm geworden bin.

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4 Kommentare

  1. Das Buch läuft mir immer wieder über den Weg und ich bin einfach unsicher, ob ich es lesen soll oder nicht.
    Ich habe auch die Befürchtung, dass es mir genauso geht wie dir...ach, das wird vielleicht mal als Mängelexemplar oder so den Weg zu mir finden ;-)
    Sonst, sehr schönes Blog. Die Übersicht über die Rezensionen bevor man in die Rezensionen selbst einsteigt finde ich sehr schön und werde ich mir vielleicht für meine Neugestaltung als Inspiration mitnehmen :-)

    Viele Grüße
    Sascha

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    1. Hallo Sascha,

      ich glaube, das Buch ist wirklich eines, das spaltet. Einerseits fand ich die Geschichte richtig gut, andererseits sind die Figuren schwierig und ich kann mir gut vorstellen, dass manche noch weniger mit ihnen klar kommen als ich ...

      Danke dir für dein Lob und deinen Kommentar!

      Liebe Grüße
      Sarah

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  2. Liebe Sarah,

    ich hatte mit diesem Buch tatsächlich so meine Schwierigkeiten und zwar aus den von dir genannten Gründen. Rachel und ihre Alkoholprobleme wirkten auf Dauer so nervig und überspitzt. Und Anna und "Jess" fand ich irgendwie auch schwierig.
    Das rätseln an sich fand ich gut und spannend, die Auflösung dann aber wieder zu einfach.
    Mich konnte es nicht überzeugen.

    Liebste Grüße,
    Jenny

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    1. Hallo Jenny,

      danke dir für deinen Kommentar!

      Schade, dass es dich überwiegend nicht überzeugen konnte. Als ich die Charaktere nach und nach kennengelernt habe, war ich auch sehr skeptisch. Mir hat letztlich aber die Handlung gut genug gefallen, um darüber größtenteils hinwegzusehen. Allerdings kann ich auch gut verstehen, wenn andere, größtenteils wegen der Charaktere, ihre Probleme mit dem Buch haben.

      Liebe Grüße
      Sarah

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